Juan Lopez Casanava
Serie: "Wir im IR"
Im Rahmen der Reihe "Wir im IR - Der Integrationsrat stellt sich vor" sprach der Integrationsbeauftragte Bruno Wansing mit Juan Lopez Casanava, dem Vorsitzenden des Integrationsrates.
Juan Lopez Casanava wurde im Jahre 1979 als spanischer Staatsbürger in Bocholt geboren. Seine Eltern kamen im Jahre 1970 aus Spanien direkt nach Bocholt. Lopez Casanava ist mit einer Italienerin - Francesca - verheiratet und hat zwei Töchter (8 + 11 Jahre alt). "Dreimal darfst Du raten, wer das Sagen zu Hause hat", kann er sich ein Lächeln nicht verkneifen. Lopez Casanava ist Inhaber der Versicherungs- und Immobilienagentur Lopez & Colllegen.
"Ja, aber...", war die seine Reaktion auf die erste Frage, ob er sich in Bocholt integriert fühle. "Insgesamt fühle ich mich natürlich in Bocholt integriert, aber es gibt immer noch Situationen, wo Du Dich hier als Ausländer fühlst." Im Videoladen um die Ecke wollte er für seine Kinder mal einen Film ausleihen und musste dazu, weil er ewig nicht mehr da gewesen war, seinen Ausweis vorzeigen. "Bei Ausländern brauche ich aber noch die Meldebescheinigung", habe der Mitarbeiter des Videoladens dann gefordert. Beim Small-Talk mit einem Händler in der Innenstadt habe dieser ihm von einem versuchten Disco-Besuch erzählt: "Heute nur für Stammgäste" habe es dann geheißen, als er mit seinen südländischen Kollegen eintreten wollte.
Kontakt und soziales Umfeld helfen
"Wichtig sind die sozialen Kontakte im Umfeld", betonte Lopez Casanava. "Wenn sich jemand einigelt, wird das nichts." Von "Ghettoisierung" oder "China-Towns" hält er gar nichts. "Wir hatten früher deutsche Nachbarn, da hat meine Mutter ganz schnell gelernt, wie man Salzkartoffeln und Braten macht". An die Kohlrouladen seiner italienischen Schwiegermutter komme ohnehin keiner ran.
"Ernsthaftigkeit in Rat und Verwaltung sind für mich wichtige Punkte, wenn es um Integration und den Integrationsrat geht", betont Lopez Casanava. "Das Flüchtlingskonzept lief doch eher an uns vorbei, da hätte ich mir gewünscht, wenn wir früher ins Boot geholt worden wären. Das hat sich in den letzten Jahren verbessert, "wir werden informiert und gehört, wenn es um Integrationsthemen geht."
Wir wollen den Menschen am Tagesende geholfen haben. Wir müssen sie da abholen, wo sie gerade stehen.
Juan Lopez Casanava
Kommunikation und Sprache
"Wenn ich mich integrieren will, geht das nur über die Kommunikation", ist sich der fast 40-Jährige sicher. "Ich muss das aber auch wollen und nur durchs Fernsehen kann ich das nicht lernen." Wenn Spanier nach Bocholt kommen und einen Anlaufpunkt brauchen heißt es fast immer "geh mal zum Lopez"! "So wie bei meinen Eltern früher ist es die gegenseitige Neugier, die einander näher bringt", sagt Lopez Casanava. In den 70er Jahren habe es kein spanisches Fernsehen in Bocholt gegeben. "Heute haben die kaum ihre Wohnung bezogen, da ist die Satellitenschüssel schon ausgerichtet und der Sender des Heimatlandes eingestellt. Hilfreich, die Sprache des Wohnortes zu lernen, ist das nicht!"
Was die Deutsch-Kurse anbelangt, da wünscht er sich eine noch flexiblere Volkshochschule, "da sind wir aber in Gesprächen. Ich hatte einen spanischen Mitbürger, der die ganze Woche als Lkw-Fahrer unterwegs war und nur am Samstag zum Kurs kommen konnte."
Eigene Wurzeln nicht vergessen
Ein weiteres wichtiges Thema, das Lopez Casanava antreibt, sind die eigenen Wurzeln der Migranten und Migrantinnen. "Diese Wurzeln darf man nicht vergessen, ich muss auch stolz auf meine Herkunft sein dürfen!" Das und zweisprachiges Aufwachsen mache den Menschen sattelfest. "Ich kann dann auch andere Dinge eher akzeptieren", ist sich Lopez-Casanava sicher. "Wenn ich im Urlaub in Spanien auf einer Terasse sitze und sehe, wie vier Arbeiter ein kleines Loch in der Straße ausbessern, dann denke ich deutsch und sage mir, das hätte in Deutschland einer alleine hinbekommen." Mit dem Alltag in Spanien, was Ärzte, Ämter etc. angeht, habe er so seine Probleme."Ich glaube, wenn Du als Migrant oder Migrantin in Deutschland auch in deutsch denkst, dann bist Du integriert", sagt Lopez Casanava.
Kulturzentrum zum Austausch aller
Mit dem Integrationsrat möchte er noch ein Kulturzentrum initiieren. "Ich wünsche mir, dass sich dort alle Nationalitäten, Geschlechter und Menschen aller Altersgruppen treffen sowie austauschen können", so Lopez-Casanava. Viele Vereine würden noch viel für sich sein. Mittelfristig könne das auf dem kubaai-Gelände passieren, "aber kubaai ist noch so weit weg".
Weiterhin wünscht er sich, dass sich die vielen Vereine und Organisation, in den sich Migranten und Flüchtlinge aufhalten, mehr für die Stadt und das Geschehen in der Stadt interessieren.
In deutsch predigen?
Dieses Interesse sei nicht so hoch, das habe man schon an der Beteiligung zur Integrationsratswahl gesehen. "Die war schlecht", sagt Lopez-Casanava. Viele wüssten einfach nicht, dass und was sie da wählen durften und dürfen. Da müssten Integrationsrat, Rat und Verwaltung noch mehr Öffentlichkeitsarbeit leisten. "Hilfreich - und das finde ich besonders wichtig - ist es auch, wenn in den Moscheen auch in deutsch gepredigt wird, wenn sich die Moscheen öffnen würden", betont Lopez-Casanava. Auch Themen wie Schwimm- und Sportunterricht müssten offensiv angegangen werden. "Das Problem ist aber oft, dass gut gemeinte Kritik dazu führen kann, dass sich diese Menschen schnell in eine Ecke gedrängt fühlen."
Politik macht ja Spaß!
Lopez-Casanava war auch schon MItglied im Ausländerbeirat und ließ sich nicht lange bitten, auch für den Vorsitz des Integrationsrates zu kandidieren. "Wir wollen immer ein ausgewogenes Verhältnis aller Ausländer und Ausländerinnen in Bocholt, das muss sich im Integrationsrat widerspiegeln." Persönlich sehe er die Politik als Ausgleich zum stressigen Arbeitsleben, "Politik macht doch Spaß". Zudem gebe es im Integrationsrat und auch im Sport - er ist im Vorstand des FC Olympia Bocholt für die Finanzen zuständig - immer andere Meinungen zu berücksichtigen. "Das ist anders als hier in meiner eigenen Firma, in der ich die Anweisungen geben muss und das ist dann der gute Ausgleich", sagt Lopez-Casanava.
Luft nach oben
Bei den Ausländern aus dem europäsichen Ausland, bei Spaniern, Portugiesen, Italienern etc. sei der Integrationsrat durchaus akzeptiert, "sobald sie ihn kennengelernt haben", schränkt er gleich ein. "Ansonsten ist da noch viel Luft nach oben." Mit Aktionen, Veranstaltungen möchte er das ändern. "Wir wollen den Menschen am Tagesende geholfen haben. Wir müssen sie da abholen, wo sie gerade stehen." Mit Kritik kann der Vorsitzende des IR auch umgehen. So habe es schon das eine oder andere Mal Unmut gegeben, wenn der Integrationsrat bei Veranstaltungen, z.B. Bocholt ist bunt, keinen Vertreter entsenden konnte. "Ja, da müssen wir mehr Einsatz und Präsenz zeigen", weiß Lopez Casanava.
Rat und Verwaltung wüssten, dass es den IR gebe. "Teilweise werden wir auch nach unserer Meinung gefragt", berichtet Lopez Casanava. Das dürfe aber gerne noch das eine oder andere Mal öfter passieren. "In der Verwaltung habe ich manchmal das Gefühl, dass einige denken, wir haben den IR, weil wir ihn haben müssen."
"He Juan"
Lopez Casanava freut sich heute immer noch, wenn er Kinder und Freunde, die er früher im Kindergarten und in der Eisdiele immer per Handschlag begrüßt hat, ihn heute noch mit einem herzlichen "He Juan" begrüßen.