Stolperstein-Führungen: Auf Spurensuche in der Geschichte Bocholts
Stadt Bocholt führt mit Bocholter Schulen Führungen durch
Am Wochenende stand nicht nur bundesweit, sondern auch in Bocholt im Zeichen des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Der Geschäftsbereich Kultur, Archiv führte in Kooperation mit dem Bocholter Stadtmuseum und der Volkshochschule Bocholt-Rhede-Isselburg zu diesem Anlass mehrere Stolperstein-Führungen durch und motivierte Schülerinnen und Schüler zum Reinigen der Stolpersteine.
"Nie wieder ist jetzt!" - Mit den kürzlich veröffentlichten Enthüllung des Medienhauses CORRECTIV rundum das rechtsextreme Treffen hochrangiger Politiker, Neonazis und finanzstarken Unternehmern mit Plänen zur "Remigration", wird einmal mehr deutlich, wie wichtig die Auseinandersetzung mit den Schrecken des Nationalsozialismus vor Ort ist und dass sich ideologisch begründeter Rassismus und Antisemitismus nie wieder wiederholen dürfen.
Die Stadt Bocholt ist sich dieser Verantwortung bewusst und hat zum 27. Januar, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, mit insgesamt 85 Schülerinnen und Schülern der 10. Klasse des St.-Georg-Gymnasiums vielen Bocholter Schicksalen gedacht.
Die Hälfte der Schülerinnen und Schüler erhielt Stolpersteinführungen durch die Leiterin des Stadtmuseums Lisa Resing und Kulturmanager Oliver Brenn. Sie erfuhren in einem 90-minütigen Rundgang, wann, wo und auf welche schreckliche Art und Weise Bocholter jüdischen Glaubens zur Zeit des Nationalsozialismus drangsaliert, gedemütigt, deportiert und anschließend ermordet worden sind.
Unter anderem auch der ehemalige Schüler des St.-Georg-Gymnasiums, Paul Hochheimer, der das Gymnasium am 16. Oktober 1935 aufgrund der antijüdischen Gesetzgebung verlassen musste. Mit seiner Deportation am 10. Dezember 1941 über Münster ins Ghetto Riga begann eine unvorstellbare Leidensodyssee bis zu seinem Tod im Konzentrationslager Buchenwald am 19. April 1945, wo er acht Tage nach der Befreiung des Lagers durch US-amerikanische Truppen aufgrund der Entbehrungen der Haft verstarb.
Die zweite Hälfte der Schülerinnen und Schüler erfuhr durch den beim Stadtmuseum Bocholt tätigen Guide Dr. Werner Loock Näheres zur Geschichte des Bocholter Stadtwaldlagers. Loock berichtete von den Ursprüngen des Geländes als Rennbahn und warum es zur Unterbringung der sogenannten Österreichischen Legion genutzt wurde. Insbesondere ging es jedoch um das Schicksal tausender Kriegsgefangener, die auf dem Gelände des heutigen Naherholungsgebiets unter widrigen Bedingungen inhaftiert wurden und dieser Haft zu tausenden zu Opfer gefallen sind.
Im Anschluss an die Führungen putzen die Schülerinnen und Schüler die in Bocholt verlegten Stolpersteine und trugen dazu bei, dass auch während des laufenden Jahres die Schicksale ermordeter Bocholterinnen und Bocholter jüdischen Glaubens sichtbar bleiben.
Am 27. Januar selbst nahmen 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer am "Alternativen Stadtrundgang" der Volkshochschule Bocholt-Rhede-Isselburg teil. Kulturmanager Oliver Brenn berichtete den interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Anlehnung an die Führung für die Schülerinnen und Schülern des St.-Georg-Gymnasiums von Schicksalen Bocholterinnen und Bocholtern jüdischen Glaubens während der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten.