Ivan Mihalj
"Keine Chance ohne Sprache!"
Ivan Mihalj ist stv. Mitglied im Integrationsrat der Stadt Bocholt. Bruno Wansing, Integrationsbeauftragter der Stadt, sprach mit ihm und möchte ihn hier vorstellen.
Wenn Ivan Mihalj einmal ins Reden kommt und es um das Thema Integration, Akzeptanz geht, dann kann es schon mal ganz schön emotional zugehen. Geboren im Jahre 1959 in Beška, Provinz Vojvodina, damals Jugoslawien, heute ein Teil von Serbien, lebt Mihalj seit 1991 in Deutschland. Er ist verwitwet, hat zwei Kinder, Marko ist von 1994, Ana 1996. Seine schwer behinderte Tochter pflegt er seit dem Tod seiner Frau Marina, die mit nur 37 Jahren im Jahre 1999 starb.
Seit 2009 ist er Mitglied im Integrationsrat. Zunächst trat er als Bewerber der Europaliste an, dann war er auch als Einzelbewerber aktiv, in dieser Periode ist er - als Stellvertreter - wieder Teil der Europaliste, "sie haben mich gebeten, zurückzukommen".
Ivan Mihalj fühlt sich vollends integriert. "Die Frage beantwortet er mit einem fetten JA. "Das merke ich, wenn ich in die "Heimat" zurückkehre. Dann sagen sie zu mir, 'Du bist ein anderer, nicht mehr der Ivan, den wir kennen' ". "Ich habe ein Haus gekauft, ich habe einen deutschen und einen kroatischen Pass". Dazu kam es, als seine Eltern im Balkankrieg ein Haus getauscht haben und er in Kroatien "landete". "Meine Eltern habe mich angemeldet, im Krieg war da alles möglich. Da habe ich dann einen kroatischen Pass bekommen."
Er war 32 Jahre alt, als er nach Deutschland kam. Erste Erfahrungen hatte er schon als Student gesammelt, da hat er bei FLENDER gearbeitet.
Die Pünktlichkeit und die Genauigkeit sind im als erstes aufgefallen und gewundert hat er sich auch manchmal. "Ich war Gast im Kolpinghaus und habe mich total gewundert, dass ein Ehepaar jeder für sich einen Deckel an der Theke hatte. Das gibt es bei uns nicht, da zahlt der Mann".
Sprache, Sprache, Sprache!
Wichtig für Integration sei eines ganz besonders, die Sprache! "Jedem, der aus dem ehemaligen Jugoslawien zu mir kommt, dem empfehle ich immer, die Sprache zu lernen. Du hast ohne die Sprache keine Chance", ist sich Mihalj sicher.
Junge Leute seien da schneller. "Für Ältere ist es schwer, die deutsche Sprache zu lernen. Es ist immer wichtig, sich selber klar zu machen, warum man nach Deutschland kommt. Wer die Sprache lernen will, der kann das", sagt Ivan Mihalj. Als er nach zwanzig Jahren das erste Mal wieder seinen Geburtsort besuchte, habe ihn der Bürgermeister gefragt, "Ivan kommst Du zurück?" Die Antwort war eindeutig: "NEIN und sich sage dir auch warum: Wegen gemeinsame Geschichte Serben und Kroaten passen nicht zusammen, die verstehen sich einfach nicht. Auch die Sprache ist unterschiedlich. Zudem sind es nicht mehr die Leute, die früher da waren. Und, das wichtigste: Es hat sich keiner auf unsere Seite gestellt, als Krieg war. Das tut mir heute noch weh."
Akzeptanz
Für eine echte Integration brauche es jede Menge Akzeptanz. Zum einen müssten alle Menschen akzeptiert werden, die nach Deutschland kommen. Auf der anderen Seite sollten aber auch die Menschen, die nach Deutschland gekommen sind, die Sprache akzeptieren, die freiheitlich demokratische Grundordnung akzeptieren. "Ich muss die Kultur kennenlernen, akzeptieren, dass sie z.B. anders feiern. Das ist ein langer Prozess, aber es ist möglich". Der Mensch mit internationaler Familiengeschichte muss auch die deutsche Geschichte erlernen und verstehen. Das sollte auch ein Thema in der Schule und der anschließenden Ausbildung sein.
Für Menschen mit internationaler Familiengeschichte wünscht sich Mihalj, dass sie leichter an Wohnungen kommen.
Zum Integrationsrat kam Ivan Mihalj durch Emanuele Mascolo. "Er hat mich gefragt und am Ende überzeugt, dass es in Deutschland demokratisch zugeht. Jetzt - quasi in "zweiter" Reihe - lasse ich den jungen Leuten (er meint in diesem Fall Ivica Mazar) den Vortritt, sie sollen das vorantreiben."
Die Zusammenarbeit der Stadtverordnetenversammlung mit dem Integrationsrat hält er für ausbaufähig, da sei man aber zurzeit auf einem richtig guten Weg. Für den Integrationsrat fordert er weitergehende Rechte, mehr Beteiligung.
Echte Willkommenskultur
Ivan Mihalj möchte, dass die Menschen mit internationaler Familiengeschichte wirklich willkommen geheißen werden. "Das fängt beim einzelnen Bürger an, aber auch in der Verwaltung. Der Mensch mit intern. Familiengeschichte muss aber auch die "Bio-Deutschen" akzeptieren. Wir sind so, ich zeige Dir, wie ich bin und wie ich lebe und Du zeigst mir, wie Du lebst und wir finden einen gemeinsamen Weg", weiß Mihalj, wie es gehen kann und ist sich sicher, dass der gegenseitige Austausch jeden Menschen reicher macht.
"So muss die Welt aussehen: Vor mir steht ein Mensch mit Sorgen, mit Fragen, mit Wünschen… Wenn ich einem Menschen helfe, dann habe ich selber den Gewinn. Ich helfe gerne und gewinne mit meiner Hilfe Freunde."