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Nachbarschaft

Als es noch kein Radio, Fernsehen, Zeitung, elektrisches Licht oder fließendes Wasser gab, diente die gemeinsame Pumpe als Kommunikationszentrum, an der die neuesten Nachrichten unter den Nachbarn ausgetauscht wurden. Aus diesen Pumpengemeinschaften gründeten sich die Nachbarschaften mit dem Zweck, sich untereinander bei Unglücksfällen und in bedrängter Lage zu unterstützen und bei freudigen Ereignissen hilfreich zur Seite zu stehen. Hierzu gehörten, wie in den Satzungen der Nachbarschaft "Am Markt" aus dem Jahre 1818 vermerkt: Die Nachbarschaft von Nr. 3 bis Nr. 11, von 119 bis ..., wiederum am Markt, "versprecht Beystand bey allen Gefällen, in Specie bey Geburthen, Sterbegefällen, auch sonstigen aufstoßenden Unglücken, und beerdigt ihre Verstorbenen." (Notnoaberschaft)  

Die Nachbarschaft am Markt, an ihrer Spitze der gewählte Kranzherr, hatte außerdem die Aufgabe, für die Instandhaltung der Pumpe zu sorgen, für die beiden Prozessionen die angrenzenden Straßen zu schmücken und den Altar vor dem Rathaus aufzubauen. Unter Punkt 3. steht geschrieben: "So wie wir uns bey Leiden die hülfreiche Hand reichen, theilen wir auch unsere Freuden gemeinschaftlich und brüderlich."

Einmal im Jahr, und zwar am Johannistag, vergnügte man sich "in gemeinsamer Harmonie durch Tanzmusik und sittlicher Erlustigung". Die Kosten für diese Nachbarfeier wurden bestritten durch Gebühren, die bei Ankauf eines Hauses, durch Aufnahmegebühr in die Nachbarschaft, durch Hilfe bei Geburt und Tod, oder bei der Hochzeit eines der Kindes fällig wurden.

Auch Strafgelder wurden bei Verstößen gegen die Satzungen verhängt. Offizielle Beiträge wurden nicht erhoben. Dafür wurden die Gebühren und Strafen in Bier abgegolten. Der Preis für 1 Tonne Bier wurde mit 5 Daler festgesetzt. (Nach einem alten preußischen Hohlmaß war 1 Tonne Bier = 114,5 Liter).   Heute existieren noch einige Nachbarschaften in Bocholt, die die gegenseitige Hilfe in ihren Statuten festgeschrieben haben.

Der "Vorsteher" der Nachbarschaft ist der Kranzherr oder das Kranzpaar, in manchen Gegenden auch Gildemeister genannt. Er ist für die Einhaltung der Statuten verantwortlich, muss die anstehenden Versammlungen einberufen und verwaltet die Kasse. In einigen Nachbarschaften, besonders in denen, wo mehrere Straßen vertreten sind, ist man dazu übergegangen, für jede Straße einen Vertrauensmann zu bestimmen, der die Beiträge kassiert und beim Kranzherrn abliefert.

Die Aufgaben des Kranzherrn und der Vertrauensleute gehen nach dem Nachbarfest an den nächsten Nachbarn, sodass im Laufe der Zeit jeder Nachbar dieses Amt einmal ausüben muss. In vielen Fällen wird ein Vergnügungsausschuss gewählt, der die Organisation des Nachbarfestes übernimmt.

Doch heutzutage wird die nachbarliche Hilfe nur noch wenig in Anspruch genommen. Der Sinn der Nachbarschaft erschöpft sich in den meisten Fällen im Feiern des Nachbarfestes und im letzten Geleit bei Begräbnissen der Nachbarschaftsmitglieder.  

Lit.: Oskar Reygers, Aus einem alten Nachbarschaftsbuche. Münsterland, Monatsschrift für die Heimatpflege, Januar 1916.

Nachbarschaft Ringstraße heute Am Waldschlösschen, Birkenallee, Im Winkel

Die Nachbarschaft Ringstraße wurde am 18.7.1948 in Biemenhorst gegründet. Zu ihr gehörten ca. 30 Familien. Es wurden Satzungen und Richtlinien aufgestellt. Die Nachbarschaft sollte nicht nur für Geselligkeiten eingerichtet werden, Familien wollten sich in Notfällen auch gegenseitig helfen und besonders bei Sterbefällen füreinander da sein. Außerdem wurde eine Kasse eingerichtet, in die jede Familie einzahlte.

Für die Vergnügungskasse musste pro Person 30 Pfennige eingezahlt werden. Das Einführen fremder Personen zum Nachbarfest wurde nicht gestattet. Ob Bräute mitgebracht werden durften, entschied vier Wochen vor dem Fest der Kranzherr mit dem Vergnügungsausschuss. Der Gast hatte dann 3,- DM zu zahlen.   Als erster Kranzherr der Nachbarschaft wurde Herr Theo Theißen gewählt und zu seiner Unterstützung für die Vorbereitung des Nachbarfestes kamen weitere vier Personen hinzu, die auch als Kassierer fungierten. Über Einnahmen und Ausgaben gab es eine Buchführung.

Die Kasse prüften jährlich zwei dafür ernannte Personen. Kranzherr wurde automatisch jährlich der nächste Nachbar, so dass jeder einmal das Amt inne hatte.   Das Nachbarfest begann beim jeweiligen Kranzpaar. Mit Musik ging es durch die Straßen, die Familien schlossen sich an und der Zug endete in der Gaststätte Telake an der Dingdener Straße (heute "Neue Liebe"). Im Festsaal war die Kaffeetafel gedeckt, die Mädchen bekamen Kränzchen mit bunten Papierbändern und die Jungen einen gefalteten Papierhelm. Mit einem Tanzabend, an dem das Kranzpaar des folgenden Jahres für den Schlusstanz einlud, ging das Nachbarfest zu ende.  

Inzwischen ist die Nachbarschaft auf durchschnittlich 50 Familien gewachsen, die Festfolge hat sich verändert und erweitert, die Mitgliedsbeiträge mussten der heutigen Zeit angepasst werden. Bei den Mitfeiernden werden Maien-Birken aufgestellt, zum Schmuck dieser werden vorher bunte Bänder geschnitten und Röschen gebastelt. Während  sich die Frauen auf der Diele eines kleinen Bauernhauses zu Kaffee und Kuchen treffen, haben die Männer für die Kinder Überraschungen vorbereitet.

Abends wird zum Tanz aufgespielt und montags halten die Männer nach einer Fahrradtour der Frauen Grillfleisch bereit. Damit klingt das jährliche Nachbarfest aus.   Für Silber- oder Goldhochzeiten wird ein Kranz gebunden, mit Röschen besteckt und als Türschmuck beim Jubelpaar mit entsprechendem Gesang aufgehängt. Im Herbst wird bei einem Gottesdienst in der Pfarrkirche Ss. Ewaldi der Toten gedacht, außerdem gibt es eine Versammlung, die der Kranzherr einberuft und leitet, in der Ideen oder Änderungswünsche vorgetragen werden können.  

Diese Nachbarschaft hat sich 1980 für den Bau der kleinen Kapelle  "Maria Königin", Am Waldschlösschen, eingesetzt. Mit großem Eifer und ehrenamtlicher Hilfe konnte diese Andachtsstätte entstehen. Bis heute wird sie von bestimmten Mitgliedern der Nachbarschaft "Am Waldschlösschen, Birkenallee, Im Winkel" umsorgt und gepflegt.    

Lit.:   Chronik der Nachbarschaft v. 20.9.1948

Naturschutzgebiete

Nach den Kriterien im Landschaftsschutzgesetz NRW gibt es in Bocholt zwei Bäume als Naturdenkmale. Es handelt sich um eine Esskastanie (Castanea sativa), 300 m südlich von Schloss Diepenbrock in Barlo, mit einer Höhe von 20 m, einen Stammumfang von 6 m und einem Kronendurchmesser von 16 m.

Der zweite Baum ist eine Stieleiche (Quercus robur) auf dem Hof Büdding, Hamalandstr. 59. Dieser weist eine Höhe von 27 m, einen Stammumfang von 7,50 m und einen Kronendurchmesser von 30 m auf. Neben diesen Naturdenkmalen gibt es eine Reihe prämierter Bäume: Blutbuche (Fagus sylvatica "Purpurea") Adenauerallee 16 Zwei Linden (Tilia) Im Tangerding, Hof Tangerding Stieleiche (Quercus robur) Binnenheide Barlo (ehemals Hof Schulte-Essing) Eibe (Taxus baccata) Alte Aaltener Str. 45 Stieleiche (Quercus robur) Sporker Ringstr. 33 Zwei Esskastanien (Castanea sativa)  Reusenweg 3 Zwei Sumpfzypressen (Taxodium distichum) Eibe (Taxus baccata)  Suderwick, Kath. Kirche Buchsbaum (Buxus sempervirens) Alfred-Flender-Str. 352 Rotbuche (Fagus sylvatica) Zum Waldschlösschen 28   Als die Baumschutzsatzung am 01.08.2004 außer Kraft gesetzt wurde, hatte die Stadt Bocholt im Vorfeld eine Bestandsaufnahme aller schützenswerten Bäume gemacht.

Fast alle dieser etwa hundert Bäume konnten im Einvernehmen mit den Eigentümern unter Schutz gestellt werden und als geschützter Landschaftsbestandteil erhalten bleiben.

Siehe auch:  Baumlehrpfad.

Lit.: Karl-Heinz Janzen, Natur und Kultur in und um Bocholt, in: UNSER BOCHOLT Jg. 57 (2006), H. 2, S. 80-86.

Quelle: Auskünfte des Fachbereichs Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün der Stadt Bocholt.    

Naturschutzgebiete in Bocholt

Ein Naturschutzgebiet ist eine Fläche, in der Pflanzen- wie auch Tierarten unter besonderem Schutz stehen. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz sind in einem Naturschutzgebiet alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung oder Beschädigung der dort ansässigen Tiere oder Pflanzen führen können.  

Auf Bocholter Stadtgebiet gibt es fünf Naturschutzgebiete, die von der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Borken betreut werden:  

  • Hohenhorster Berge (22,7 ha, Binnendünen, Sandtrockenrasen, Besenginsterheide)
  • Holtwicker Bach (8,5 ha, Gewässer, kulturhistorische Schneitelbäume)
  • Reyerdingsbach (6,3 ha, naturnahes Gewässer, Bruchwald)
  • Reyerdingvenn (58,0 ha, Feuchtwiesen)
  • Suderwicker Venn (61,3 ha, davon  26,3 ha auf Isselburger Gebiet, Feuchtwiesen)

Jutta Niehaus

Die erfolgreiche Radsportlerin Jutta Niehaus, geb. 1964 in Bocholt, gehörte zu den besten europäischen Fahrerinnen auf der Radrennbahn wie auf der Straße. Ihren ersten Erfolg feierte die Bocholterin 1978 schon 4 Jahre, nach dem sie sich dem Radsport zuwandte. Damals belegte sie den dritten Platz in der Schülerinnenklasse bei der Deutschen Meisterschaft. Damit war der Startschuss zu einer beachtlichen Kariere gegeben: 1981 gehörte sie schon zu Kader der deutschen Nationalmannschaft, 1984 nahm sie das erste Mal an den Weltmeisterschaften teil.

Drei Jahre später erzielte sie den Etappensieg auf der "Tour de France" (1987), 2 Jahre darauf war sie dort Trägerin des"Gelben Trikots". Nur knapp verfehlte die damals 23 - jährige Gold bei der Olympiade in Seoul 1988, sicherte sich damit aber eine Silbermedaille bei diesen Olympischen Spielen! Im selben Jahr und auch im folgenden wurde sie zur deutschen "Radsportlerin des Jahres"gewählt.

Mit ihrem Sturz 1992 bei den Olympischen Spielen in Barcelona läutete die bis dahin dreimalige deutsche Meisterin das Ende ihrer internationalen Karriere ein, um dem Privatleben mehr Zeit und Energie zu widmen. Heute ist sie verheiratet, heißt Jutta Tiemann und arbeitet bei der Bocholter Stadtverwaltung.

Insgesamt blickt Jutta Niehaus auf eine beachtliche Liste an Erfolgen zurück: U.a. drei deutsche Meisterschaften, 13 Vizemeisterschaften, zwei Viert-Platzierungen sowie zweimal der 6. Platz bei den Weltmeisterschaften und neben dem auf der Tour de France ein weiterer Etappensieg beim "Giro d´Italia" (1988).  

Lit.: Bocholter-Borkener Volksblatt vom 25 und 27 Juli 1992 und eigene Angaben von Frau Tiemann geb. Niehaus.

Nienhaus & Jungkamp

Diese Firma ging aus der ursprünglichen Firma Joh. Ruenhorst & Cie., gegr. 1906, hervor. Dabei handelte es sich um eine Lohnweberei an der Kurfürstenstr. 43. 1919 vermerkt das Handelsregister, dass Johann Ruenhorst gestorben und Wilhelm Klaas in die Firma eingetreten ist. 1920 wird vermerkt, dass die Erben des Wilhelm Klaas ausgeschieden sind und dafür Bernhard Jungkamp eingetreten ist.

Seither nannte sich die Firma Nienhaus & Jungkamp. Im zweiten Weltkrieg wurde die Firma 1942 stillgelegt und der Betrieb 1945 vollständig zerstört. Da an eine Wiederaufnahme der Textilproduktion noch nicht zu denken war, wurden nach dem Krieg zunächst Betonfenster hergestellt. In Bocholt nannte man Nienhaus & Jungkamp daraufhin "Beton-Weberei". Diese Fenster als Kompensationsware ermöglichten dann auch den Wiederaufbau der Weberei. 1949 wurde Wilhelm Jungkamp geb. 1921 als Sohn von Bernhard Jungkamp persönlich haftender Gesellschafter.

In den 50er Jahre musste aus einer Sicherungsübereignung die Einrichtung einer Kleiderfabrik übernommen werden, und so startete auch eine Konfektion, für die man aber nicht die richtige Kundschaft hatte. Bis 1965 ließ man dann die Weberei langsam auslaufen und produzierte Hosen etc. nur noch aus zugekaufter Meterware. In den 90er Jahren ist die Firma dann ganz aufgelöst worden.

Lit.: Eduard Westehoff, Die Bocholter Textilindustrie. Unternehmer und Unternehmen, Bocholt1983, S. 132-134.

Norbertkirche

Als in den Nachkriegsjahren im Westen der Stadt das Gebiet zwischen der Dinxperloer Straße und der Aa immer stärker besiedelt wurde, kamen auch Überlegungen auf, diesen Bezirk von der St.-Georg-Pfarrei zu trennen und im Stadtteil Löverick eine eigenständige Gemeinde zu errichten.

Ein erster Plan, am Windmühlenplatz eine Tochterkirche zu bauen, wurde fallen gelassen, als die Kapuziner sich bereit erklärt hatten, die neue Pfarrei St. Laurentius zu führen. Für die Gemeinde im Westen wurde nun ein Standort an der Kurfürstenstraße in unmittelbarer Nähe des Schulneubaus gewählt. Dipl. Ing. Wolfgang Schwartz gewann 1962 mit seinen Plänen zum Bau eines Pfarrzentrums mit Kirche, Pfarrhaus, Jugendheim und Kindergarten den ersten Preis eines Wettbewerbs, den das Bistum Münster ausgeschrieben hatte. Die neue Gemeinde sollte unter dem Patrozinium des hl. Norbert von Xanten stehen. Dies geht auf die Überlieferung zurück, dass Norbert auf dem Weg von Xanten nach Vreden seine ungewöhnliche Bekehrung erlebte.  

Bis zum ersten Spatenstich dauerte es noch bis zum Frühjahr 1964. Inzwischen wurden aber schon Gottesdienste in der Pausenhalle der Norbertschule (heutige Klaraschule) gefeiert. Die feierliche Einweihung der Norbertkirche durch Weihbischof Heinrich Baaken fand am 4. September 1965 statt. Bis zur Fertigstellung aller Gebäude des Pfarrzentrums dauerte es jedoch noch bis 1973, als das Jugendheim eröffnet werden konnte. Der geplante Bau eines freistehenden Turms wurde nicht ausgeführt.  

Das außergewöhnliche äußere Erscheinungsbild des Gotteshauses brachte ihm bald Spitznamen wie "Flugzeughangar", "Allelujaschuppen" oder "Sprungschanze" ein. Auch der Innenraum der Norbertkirche zeichnete sich durch eine schlichte Hallenkonstruktion aus Beton und Drahtglas aus. Solche karge Ausstattung entsprach zur Bauzeit dem nüchternen Kunstverständnis von sakralen Räumen in der nachkonziliaren Zeit. Im Laufe der Jahre wurde der Wunsch nach Verschönerung immer stärker.

1981 wurde der Künstler Hermann Gottfried aus Bergisch-Gladbach mit der Ausgestaltung der Kirche beauftragt. Er schuf an der Altarseite ein großes Fresko "Jesus Christus, gekreuzigt und auferstanden" und 12 Apostelfenster. Schließlich fertigte Hermann Gottfried vier Fenster mit Szenen aus der Lebensgeschichte des hl. Norbert an, die über den Eingängen eingefügt sind. Aus Anlass des 20-jährigen Jubiläums wurde 1985 ein kleiner Silberschrein mit einer Reliquie des Pfarrpatrons in die Vorderseite des Altars eingesetzt.  

In dem kleinen Andachtsraum neben dem südlichen Eingang, der zunächst einen Kreuzweg beherbergte, richtete man 1994 eine Werktagskapelle ein.   1996 bekam die Kirche 15 Kreuzwegreliefs gestaltet von Walter Mellmann. Am 15. April 2000 fand die Weihe der neuen Orgel durch H. H. Weihbischof W. Thissen statt Bemerkenswert ist noch, dass die Radwallfahrt der Frauen, die jedes Jahr am Dienstag nach Pfingsten stattfindet, 1978 durch eine Messdienerin der Gemeinde angeregt wurde und seither von der Norbertpfarre betreut wird.   Pfarrer von St. Norbert:

  • Wilhelm Eismann                1965 - 1975
  • Heinrich Böcker                  1975 - 1990
  • Clemens Kruse                   1990 - 1997
  • Dieter Hogenkamp              seit 1997    

Lit.: Elisabeth Bröker, Mitte einer lebendigen Gemeinde, in: UNSER BOCHOLT Jg. 16 (1965), H. 4, S. 97-98.
Festschriften der Norbertpfarre Kirchenkalender des Dekanats Bocholt

Norbertschule

Ostern 1964 wurde das 18-klassige System der Ludgerusschule - kath. Volksschule an der Kurfürstenstraße aufgeteilt. Zu dieser Zeit besuchten viele Kinder der Neubausiedlung Löverick diese Schule, so dass eine eigene Schule für dieses ständig wachsende Gebiet notwendig wurde. 10 Klassen verblieben an der Ludgerusschule, 8 kamen zur neu gegründeten "kath. Volksschule im Siedlungsgebiet Löverick".

Im September 1964 erhielt die neue Schule den Namen Norbertschule. Sie verblieb zunächst in Räumen der Ludgerusschule. Am 26.11.1965 konnte der erste Bauabschnitt eines eigenen Gebäudes an der Kurfürstenstraße bezogen werden. Erster Schulleiter wurde Rektor Heinrich Wegmann. Zunächst war die Schule kath. Volksschule (Klassen 1-9), wurde dann im Zuge der Neuordnung des Schulwesens Gemeinschaftshauptschule. Ein Erweiterungsbau wurde am 20.1.1975 fertiggestellt.

Im folgenden Schuljahr tauschte die Schule das Gebäude mit der Klaraschule, städt. Gemeinschaftsgrundschule, da deren Gebäude am Paul-Schneider-Weg bessere Möglichkeiten zum Ausbau bot. So konnten in den nächsten Jahren Fach- und Werkräume, sowie eine Turnhalle in Gebrauch genommen werden.

Ein wichtiger Schritt in der Entwicklung der Schule war die Einrichtung als Ganztagshauptschule im Jahre unter dem damaligen Schulleiter Heinz Kortenhorn. Als einzige Ganztagshauptschule der Stadt Bocholt bietet die Norbertschule heute neben dem Mittagessen Hausaufgabenhilfe, weitere schulische Betreuung und vielfältige Freizeitaktivitäten.

Lit.: Rolf Terörde, Rede zum 30jährigen Jubiläum der Norbertschule, Bocholt 2004.

Nordstraße 32

Altes Patrizier-, später Geschäftshaus Untersuchungen der Archäologischen Gruppe im Verein für Heimatpflege in den Jahren 1989, 1994 und 1995 erbrachten den Nachweis, dass Bausubstanz der Kellerräume aus dem 15./16. Jahrhundert erhalten war. Grabungen im östlich anschließenden Garten brachten aus einem Brunnen beeindruckende Fundstücke ans Tageslicht:z. B. Spielzeug, Haushaltsgeräte und Schuhe aus dem 17. Jahrhundert.

Als wertvollster Nachweis mittelalterlicher Besiedlung wurde ein Graben aus dem 13. Jahrhundert freigelegt, wobei Keramikscherben, ein eiserner Randbeschlag eines Holzspatens und Brunnenreste aus dem 13./14. Jahrhundert gefunden wurden.

Das im 18. Jahrhundert errichtete Patrizierhaus - Vorgängerbauten sind bildlich nicht dokumentiert - hatte durch seine Geschichte und durch seine Bewohner eine herausragende Bedeutung: Einflussreiche Bocholter Kaufmannsfamilien und amtierende Bürgermeister lebten hier mit ihren großen Familien. 

Im 19. Jahrhundert entstanden im Anbau eine Färberei, dann Websaal und Handspinnerei. Nach dem Ersten Weltkrieg erfolgte der Umbau in ein Geschäftshaus. Besitzer war zuerst die Firma Nientimp, ab 1936 die Buchhandlung Böckenhoff & Honsel. Nach der Zerstörung am 22. März 1945 wurde das Haus nur einstöckig wieder aufgebaut; die Buchhandlung verblieb dort bis 1992. Im Jahre 1995 wurden das Gebäude sowie die bis dahin erhalten gebliebenen Kellerräume abgerissen, da sie für einen geplanten Neubau nicht mehr tragfähig waren.

Notkirchen an der deutsch-holländischen Grenze

Nach Einführung der Reformation in den Niederlanden im 16. und 17. Jahrhundert war es den katholischen Einwohnern untersagt, Gottesdienste auf niederländischem Gebiet abzuhalten. Mit besonderer Strenge ging Prinz Moritz von Oranien gegen den alten Glauben vor. 

Um dennoch den Gottesdienst möglichst regelmäßig feiern zu können, beschloss man die Verlegung aller religiösen Zusammenkünfte auf münsterisches Gebiet. Hierbei machten sich besonders die Patres des Minoritenklosters in Bocholt verdient, vor allem P. Georgius Philippi,, P. Martinus Meinering und P. Hugolinus. Sie ermöglichten es den niederländischen Pfarrgeistlichen und Gläubigen, die neu errichteten und dicht an der Grenze liegenden Notkirchen zu besuchen. Bei diesen Bestrebungen leistete ihnen der münsterische Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen (1650 - 1678) tatkräftige Unterstützung.  

Auf Bocholter Stadtgebiet befanden sich folgende Notkirchen:  

  • die Notkirche in Suderwick: Der Suderwicker Wessel Rodespieker und seine Frau Anneken te Berge schenkten 1682 ihr Haus mit Grund und Boden für den Bau einer Hilfskirche. Unter dem Patronat des Erzengels Michael wurde das Wohnhaus zunächst zu einer Kapelle umgebaut. Bald wurde die Kapelle durch eine kleine Kirche ersetzt, die sich an derselben Stelle befand, wo noch die jetzige Kirche steht. Einige Jahre nach dem Tod des Bischofs Bernhard von Galen wurde die Kapelle zur Pfarrkirche St. Michael Suderwick  erhoben. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Religionsbeschränkungen aufgehoben wurden, diente sie den holländischen Katholiken als Gotteshaus.  
  • Die Notkirche in Spork General von Post, ein Armeekommandant des Fürstbischofs Bernhard von Galen, soll als Geschenk für seine Verdienste in den kriegerischen Auseinandersetzungen um die Herrschaft Borkulo in den Niederlanden das Gut Emsinck in Spork  erhalten haben. Er richtete, wohl auf Anregung des Bischofs, im Gutshause eine Hauskapelle ein, wo außer für das Gesinde und die benachbarten Bauern auch für die katholischen Bewohner der angrenzenden holländischen Gemeinde Heurne Gottesdienste abgehalten wurden. Die Seelsorge übernahmen zeitweise die Patres des Minoritenklosters Bocholt.
  • Weiter die Kreuzkapelle in Hemden (sh.dort!).

Lit.:   Bernhard Lensing, Notkirchen an der holländisch-münsterischen Grenze, in: UNSER                  BOCHOLT, 3. Jg. (1952), H. 8, S. 127 ? 130.   

Notkirchen der Pfarrei St. Georg nach 1945

Am 22. März 1945 war mit Bocholts Innenstadt die St.-Georg-Kirche mit ihrer "Päper­büsse", dem ba­rocken Turmhelm, in Schutt und Asche gelegt worden. Die Ende März 1945 in Bocholt einmarschierten britischen Soldaten ließen den Pfarrverwalter Kaplan Josef Schmitz von St. Georg schon im April 1945 die Seelsorge der Pfarrei St. Georg wieder aufnehmen, bevor Pfarrer Her­mann Aertker im Juni 1945 seine Ordination als neuer Pfarrer von St. Georg in Bocholt erhielt.

Kaplan Schmitz errichtete in einem von der Möbelfabrik/Schreinerei Johann Böwing (später Bo­cholter Laborbau) auf der Weidenstraße 42 unentgeltlich zur Verfügung gestellten La­gerraum eine Notkirche für die Pfarrei St. Georg, in der auch der neue Pfarrer Aertker am 19. August 1945 eingeführt wurde. Daneben wurden in den Außenbereichen der Pfarrei St. Georg sog. "Seelsorgestellen" eingerichtet. Die Chronik des Pfarrers Aertker im Pfarrarchiv St. Georg berichtet dazu:  "Kaplan Schmitz bemühte sich recht eifrig um den Aufbau der Seelsorge. Als einzige Seelsorgstelle innerhalb der Pfarrgemeinde bestand nur noch die Kapelle in Hemden 5 km von Bocholt entfernt.

Herr Dr. Ingendoh versah dort den Gottesdienst. An den ersten Sonntagen nach dem Zusammenbruch wurde in verschiedenen Bauernhäusern in Lowick und Holtwick Gottesdienst gehalten. Einige Wochen später wurde in einer Halle der Großschreinerei Böwing an der Weidenstraße die Notpfarrkirche errichtet.

Dort wurde an den Sonntagen 4mal das hl. Opfer dargebracht. Religionslehrer Hackfurth sorgte für eine Seelsorgstelle im Saale Quartier und Kaplan Schumacher in Liedern in einer alten Schule, die bisher den Nazis als Jugendheim gedient hatte . Die Kapuziner hielten im Keller ihres ausgebrannten Klosters Gottesdienst. Und die Schwestern der Armen Klarissinnen, die zunächst nach der Zerstörung in Bauernhäusern Unterkunft gefunden hatten, bezogen das Haus Efing, wo selbst eine kleine Kapelle errichtet wurde."  

Die Notpfarrkirche in der Schreinerei Böwing wurde Ende Oktober 1945 als Ort des Gottesdienstes von St. Georg in die Turn­halle des erhal­te­nen St.-Georg-Gymnasiums verlegt, wo am 11.11.1945 wieder Gottesdienst ge­halten werden konnte. Von dort kam sie am 19. Mai 1946 in die Aula des Gymnasiums, wo sie bis Dezember 1950 blieb. Am Heiligen Abend 1950 feierte die Gemeinde dann die erste Heilige Messe in der wieder aufgebauten St.-Georg-Kirche.  Die Notkirche in der Schreinerei Böwing wurde auch nach dem Wiederauszug der Pfarr­gemeinde St. Georg von Katholiken im Westen der Stadt bis 1950 für Gottesdienste mit Priestern von St. Georg genutzt.  

Quelle:

Ursula Rüter, Auszug aus der Aertker-Chronik 1945-1963, im Pfarrarchiv St. Georg Bocholt ,  S.4 f.
Mdl. Auskünfte v. Ludwig und Silvia Schmeing, Bocholt, Juni 2008, sowie Ursula Rüter und Wilhelm Schmeinck, Bocholt, Juli 2009.
Hans-D. Oppel, Text zum Foto des Monats Juli 2009, Stadtarchiv Bocholt 2009.