Foto des Monats - Juli 2023
Das Werden eines Stadtbezirks: die Siedlung Giethorst
Nach der Kriegszerstörung 1945 war die Wohnungsnot in der Stadt Bocholt sehr groß. Zu Beginn durften ausschließlich Wohnbehausungen wiederaufgebaut werden. Für Heimatvertriebene galt ein Aufnahmestopp, und wer Räume zur Verfügung hatte, musste vermieten. Wenig später entstanden aber auch völlig neue Siedlungsgebiete für rund 2.000 Wohnungsuchende innerhalb des Stadtgebietes. Dazu gehörte Anfang der fünfziger Jahre auch das Gelände hinter der Wäscherei Emschermann entlang des Burloer Weges im Nordosten, welches im Volksmund "Giethorst" genannt wurde.
Bei diesem Wort handelt es sich um den Namen einer alten Hofstätte außerhalb des östlichen Stadttores, die 1606 schon unbewohnt war.
Vom Ideenwettbewerb zur Stadtsiedlung
Im Rahmen des Wiederaufbauprogramms der Stadt und der gemeinnützigen Baugesellschaften gab Oberstadtdirektor Ludwig Kayser im Februar 1953 bekannt, dass im gesamten Stadtgebiet Mittel für 449 Wohnungsneubauten vorhanden seien. Auf die Giethorst-Siedlung entfielen in einem ersten Bauabschnitt 39 Zwei- bis Vierzimmer-Wohnungen, mit deren Errichtung die Bocholter Wohnungsbaugesellschaft (BWG) zur Jahresmitte 1953 begann.
In einem zweiten Bauabschnitt wurden dort zwei Häuserblocks mit 19 weiteren Wohneinheiten errichtet. Nachdem Anfang 1954 die ersten Heime bezogen worden waren, schrieb die Stadt einen mit 6.000 DM dotierten Ideenwettbewerb (Siegerpreis) für den gesamten Stadtbezirk Giethorst aus, wo mit finanzieller Hilfe des Landes NRW ca. 500 Wohnungen entstehen sollten. Den Wettstreit konnte Stadtbaurat a. D. Peter Poelzig aus Duisburg-Wedau für sich entscheiden. Unter seiner Führung setzte im November 1954 der Siedlungsbau mit 14 weiteren Bauabschnitten im Bocholter Nordosten unter Beteiligung der BWG und des Bocholter Bauvereins ein. Der Bebauungsplan des Architekten sah die Errichtung von 513 Wohnungen vor, und zwar 413 in Eigenheimen und 100 Mietwohnungen. Die Investitionssumme betrug ca. 8,8 Millionen DM.
Fertigstellung im Herbst 1956
Mit Hochdruck wurde an der Fertigstellung der Siedlung gearbeitet. Man sprach zeitweise gar vom "Gefechtsstand" der Giethorst oder von einem "Großkampfplatz" mit Hunderten von Arbeitskräften aus dem Baugewerbe. Das Foto zeigt die Rohbauten an der späteren Schollstraße.
Die größte Wohnsiedlung der Stadt Bocholt nach dem Krieg konnte schließlich im Großen und Ganzen im Herbst 1956 fertiggestellt werden. Die Vollendung der dortigen Edith-Stein-Schule ließ indes nicht mehr lange auf sich warten.