Stadtgeschichte: Die Konzertorgel im Arbeitervereinshaus St. Paulus
Bocholter Stadtarchiv präsentiert das historische "Foto des Monats"
Das Bocholter Stadtarchiv erinnert in seiner monatlichen Themenreihe diesmal mit einem historischen Foto an ein besonderes Instrument.
Im Jahre 1928 stand der Arbeiterverein St. Paulus im 55. Jahr seines Bestehens. Ihm gehörten seinerzeit 1.264 Mitglieder an, die ihre regelmäßigen Versammlungen im Vereinshaus in der Wesemannstraße abhielten. 1886 von der Pfarrgemeinde St. Georg erworben, musste das Gebäude Ende der zwanziger Jahre aufwendig renoviert und umgebaut werden. Mit der Neueröffnung am 15. Januar 1928 war es aber noch nicht getan. Es fehlte noch der Einbau einer Hausorgel, welcher ein Jahr später seinen Abschluss fand.
Das Instrument stammte aus der Werkstatt des Dorstener Orgelbaumeisters Franz Breil und umfasste insgesamt 31 klingende Register mit einer Auswahl schöner Charakterstimmen, deren Wirkung sich durch einen Jalousieschweller präzise auffächern ließen. Darüber hinaus besaß das Werk drei Klaviaturen und ein dreiteiliges Freipfeifenprospekt im Stil der Neuzeit, ohne besondere Umrahmung oder Verzierung.
Nach Meinung eines Fachmannes hätte die Celesta zur besseren Wirkung ihre Aufstellung besser außerhalb des geschlossenen Pfeifenraumes gefunden und nicht - wie im Bild dargestellt - innerhalb des Bühnenaufbaus am Kopfende des großen Versammlungssaales. 30.000 Mark wurden damals in die Anschaffung investiert. Der Einbau nahm mehrere Wochen in Anspruch.
Die Einweihung und Vorführung der neuen Konzertorgel erfolgte am 20. Januar 1929 durch Prälat Franz Richter von St. Georg. "Nun tritt - für Bocholt ungewohnt - das königliche Instrument, das bis jetzt nur beim Gottesdienst in der Kirche seine heilige Aufgabe sang, hinaus in die Gesellschaft", so die Meinung eines Musiksachverständigen der damaligen Zeit. Er deutete diesen Akt nicht als Profanierung des Instrumentes, denn echte Musik sei nie profan, "sondern an sich eine Feier, eine Angelegenheit höheren Daseins" und in ganz besonderem Maße geeignet, die Menschen aus dem Alltag hinauszuführen.
Auf die Weihehandlung folgte ein Konzert mit dem Essener Organisten Schuhmacher, einem Schüler des Kölner Domorganisten Hans Bachem. Auf dem Programm standen Werke der Komponisten Bach, Frescobaldi, Böhm, Reger und Haas. Anschließend versah die Orgel im Rahmen des musikalisch-gesellschaftlichen Vereinslebens nur sieben Jahre lang ihren Dienst, weil der Arbeiterverein St. Paulus, wie alle übrigen im Regierungsbezirk Münster auch, am 16. September 1935 "aufgrund der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze von Volk und Staat vom 28.2.1933" aufgelöst und sein Vermögen beschlagnahmt worden ist.