Stadtgeschichte: Das Biemenhorster Siedlungswerk "Sonnenschein"
Stadtarchiv präsentiert das Historische Foto des Monats April // Aufnahme aus Biemenhorst
Das Foto des Monats April steht im Zusammenhang mit einem Ereignis, das vor 75 Jahren zwar kaum Schlagzeilen machte, für verschiedene Personen aber eine grundlegende Lebensverbesserung erbrachte: Die Rede ist hier von der Grundsteinlegung und damit der Verwirklichung des Siedlungswerkes "Sonnenschein" in der Gemeinde Biemenhorst am 4. April 1949.
Vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges ging es hierbei nicht schlichtweg um Wohnungs- oder Wiederaufbau. Im Mittelpunkt der Maßnahme stand die Beschaffung von Wohnraum für die Ärmsten der Armen, für alleinerziehende Kriegerwitwen, für Flüchtlinge aus den Ostgebieten, für unverschuldet in Not Geratene, die zudem nicht in der Lage waren, sich durch Eigenleistung selbst zu helfen.
Diese von christlicher Nächstenliebe getragene Idee hatte der Bocholter Fabrikant Werner Borgers, der im Oktober 1948 ihm bekannte gleichgesinnte Geschäftsinhaber verschiedener Branchen und Vertreter der städtischen Verwaltung um sich scharte und mit ihnen einen gemeinnützigen Bauverein ins Leben rief.
Zu den Unternehmen zählten u. a. die Baufirma Lung, die Schreinerei Harks, die Spedition Klein-Wiele, das Elektro-Installationsgeschäft Unland und das Architektenbüro Albert Ketteler. Sie alle stellten Baumaterial, Arbeitskräfte und Dienstleistungen gratis oder zum Selbstkostenpreis für die ersten Häuser zur Verfügung.
Zur Umsetzung des Bauvorhabens übergab Nikolaus Fürst zu Salm-Salm dem Verein per Schenkungsurkunde ein vier Morgen großes Grundstück in Biemenhorst zwischen der Büngerner Straße und dem Dannenkamp. So begann im Frühjahr 1949 der Häuserbau auf den jeweils ca. 700 qm großen Grundstücken.
Die Bauten erhielten im Erd- und Dachgeschoss je zwei getrennte 4-Raum-Wohnungen von 46 bzw. 40 qm Größe mit Kellerräumen und angrenzendem Schuppen. Schon im Herbst desselben Jahres zogen die ersten Mieter ein. Der gesamte Siedlungsbau mit einem Dutzend Häusern war 1958 abgeschlossen. Ende der sechziger Jahre war es den ersten Bewohnern möglich, ihr Heim käuflich zu erwerben.
In der Gründungsurkunde des Bauprojektes heißt es u. a.: "Diese Wohnungen mögen wieder Licht und Freude in das düstere Dasein von Ausgebombten und Ostflüchtlingen bringen. Das Siedlungswerk wurde daher 'Sonnenschein' genannt." Die Straßen, an denen die auf dem Foto dargestellten Häuser errichtet wurden, erhielten am 2. Februar 1950 durch den Biemenhorster Gemeinderat die Bezeichnungen "Wilhelm-Buß-Stiege" und "Sonnenscheinstraße".