Erinnerung an Pogromnacht: Es geschah auch in Bocholt
Am 9. November ab 19:30 Uhr öffentliches Gedenken an Opfer // Schülerinnen und Schüler des Mariengymnasiums gestalten Gedenkfeier am Europaplatz mit
Bürgermeister Thomas Kerkhoff lädt am Dienstag, 9. November, um 19:30 Uhr zum öffentlichen Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht zur Gedenkstätte an die Synagoge vor dem Haus des Handwerks, Europaplatz 17, ein. Interessierte Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen.
Im Jahr 2022 jähren sich die Verbrechen der Pogromnacht zum 84. Mal. Damals, im Jahr 1938, fanden überall in Deutschland, so auch in Bocholt, Tumulte durch Nazis gegen Gebäude in jüdischem Besitz, jüdische Friedhöfe, Synagogen und jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger statt. Zehntausende Jüdinnen und Juden wurden bedroht, angegriffen, verletzt, in Konzentrationslager verschleppt oder gar getötet. Am Ort der ehemaligen Synagoge in Bocholt, welche in dieser Nacht ebenfalls geschändet wurde, gedenken Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bocholt seither jedes Jahr der vielen Opfer, in Bocholt und ganz Deutschland.
Schülerinnen und Schüler des Mariengymnasiums werden mit ihrem Lehrer Klaus Kohlgrüber Texte von Margot Friedländer und der in Bocholt geborenen Jeanette Wolff lesen. Außerdem sind von ihnen Instrumentalstücke zu hören.
Am Ort des Gedenkens stand seit 1798 die Bocholter Synagoge. Das Gebäude wurde in dieser Nacht vor 84 Jahren durch Bocholter Nazis im Inneren vollkommen zerstört.
Salomon und Regina Seif, der Küster der Synagoge und seine Frau, wurden von Anhängern der NSDAP krankenhausreif geprügelt. Sein Sohn Sigmar erinnerte sich 1949 in dem bei der Polizei in Rotterdam abgegebenen Bericht: "Mein Vater und meine Mutter wurden so schwer misshandelt, dass sie ins Krankenhaus gebracht wurden. In unserer Wohnung waren die Möbel fast alle zerstört worden…."
Alle Geschwister Sigmar Seifs sowie seine Eltern wurden in der NS-Judenverfolgung deportiert und ermordet. Nur Sigmar Seif überlebte.
Bürgermeister Thomas Kerkhoff wird vor den Wort- und Musikbeiträgen der Schülerinnen und Schüler eine Gedenkrede halten. Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung von Minderheiten und gewalttätiger Antisemitismus nehmen heute in Deutschland zu. Deshalb ist es aus Verantwortung vor den Verbrechen des Nazi-Terrors wichtig, das Leid der Opfer wach zu halten.
Geschlossen wird das stille Gedenken mit einem Gebet, das in diesem Jahr von Pfarrer Matthias Hembrock gesprochen wird. Es schließt sich eine Zeit des Schweigens an. Bocholter Bürgerinnen und Bürger können sich dem Gedenken anschließen.