Stadtgeschichte: Die neue Volksschule an der Münsterstraße
Das Stadtarchiv Bocholt präsentiert das historische "Foto des Monats" Oktober
In der Themenreihe "Foto des Monats" beschäftigt sich das Stadtarchiv Bocholt diesmal mit der Volksschule an der Münsterstraße, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Platz zum Lehren und Lernen bot. Aufgrund der Bombardierung Bocholts im 2. Weltkrieg blieb das Gebäude der Stadt nur kurz erhalten.
Innerhalb von zehn Jahren nach Ende des Ersten Weltkrieges wuchs die Einwohnerzahl der Stadt Bocholt um 28 Prozent auf rund 33.000 an. 1.184 Wohnungen wurden zwischen 1918 und 1928 hier errichtet. Auch an neuen öffentlichen Einrichtungen wie z. B. das Postamt, das Mittelstandshaus und das Kapitoltheater fehlte es in dieser Zeit nicht. 1928/29 kam mit der katholischen Lehranstalt an der Münsterstraße ein monumentaler Schulbau hinzu.
Dieser Neubau war notwendig geworden, weil das bisherige, 30 Jahre zuvor an der Münsterstraße gebaute Schulgebäude nicht mehr ausreichte. Viele der mittlerweile 627 Schülerinnen und Schüler aus diesem Bezirk mussten in den zwanziger Jahren als sog. Wanderklassen auf die Schulsysteme Altstadt und Fildeken ausweichen. Die Stadtverordnetenversammlung genehmigte daher am 22. Mai 1928 die Neuerrichtung des "Schulsystems V" mit einem Kostenaufwand von 600.000 Reichsmark. Die Pläne entwarf das städtische Hochbauamt. Am 9. Oktober desselben Jahres begann man mit den Ausschachtungsarbeiten, und nach einem Jahr, am 30. Oktober 1929, konnte das viergeschossige Gebäude schließlich im Rahmen einer kirchlichen und weltlichen Feier seiner Bestimmung übergeben werden. Im Souterrain befanden sich die Wohnung des Schulwarts und die technischen Anlagen. In den drei Etagen darüber wurden jeweils vier Klassenzimmer im Umfang von je 58 qm eingerichtet. Das Erdgeschoss nahm überdies das Rektorzimmer auf, das sich in der Nähe der lichtvollen Eingangshalle befand, deren bleiverglaste Fensterscheiben mit Märchenmotiven ausgestaltet wurden. Sodann richtete man im ersten und zweiten Obergeschoss ein Lehrerzimmer, einen Lichtbildsaal, eine Bücherei und einen Raum für Lehrmittel ein. Darüber hinaus war im ersten Stock schon eine Empore für die später zu erbauende Turnhalle vorgesehen.
Das Foto zeigt die neue katholische Volksschule an der Münsterstraße, die zum Schuljahr 1930 als "Kreuzbergschule" benannt wurde. Den Haupteingang an der Südseite schmückte eine Plastik aus der Bildhauerei der Firma Leo Heinrichs, die einen Schulgänger darstellte. Am linken Bildrand erkennt man das bisherige Schulgebäude von 1898, ganz rechts ist ein Wohnhaus an der Reygersstraße zu sehen. 1945 wurde die Kreuzbergschule beim Bombenangriff auf die Stadt vollkommen zerstört. Der Nachfolgebau konnte am 18. Oktober 1952 wiedereröffnet werden.
Text: Wolfgang Tembrink / Stadtarchiv Bocholt